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Der Nahbesprechungseffekt bei Mikrofonen

Nahbesprechung bedeutet, dass ein Mikrofon mehr Bass erzeugt, wenn es näher an der Schallquelle (einer Punkt- oder Linienquelle) positioniert wird. Wir erklären die Grundlagen des Effekts und betrachten das Phänomen. Die Auswirkungen des Nahbesprechungseffekts sind den meisten Tontechnikern bekannt: Die Stimme bekommt mehr Bass, wenn das Mikrofon näher an den Mund geführt wird. Je weiter das Mikrofon entfernt ist, desto dünner wird der Klang.

Die Auswirkungen des Nahbesprechungseffekts sind den meisten Tontechnikern bekannt: Die Stimme bekommt mehr Bass, wenn das Mikrofon näher an den Mund geführt wird. Je weiter das Mikrofon entfernt ist, desto dünner wird der Klang.

Der Nahbesprechungseffekt tritt nur bei Druckgradienten-Mikrofonen auf – egal ob es sich um eine breite Niere, eine offene Niere, eine Niere, eine Superniere, eine Hyperniere, eine Achter-Charakteristik oder andere Zwischenstufen handelt. Je näher die Richtcharakteristik an eine Acht herankommt, desto stärker zeigt sich der Nahbesprechungseffekt. Auf der Achse ist er dabei am deutlichsten. Wenn Du das Mikrofon drehst, reduziert sich der Nahbesprechungseffekt.

Abbildung 1 zeigt die Berechnung des Nahbesprechungseffekts von Mikrofonen mit zwei verschiedenen Richtcharakteristiken: Eine Achtercharakteristik und eine Nierencharakteristik, wobei sich beide Mikrofone in Achse vor einer Punktschallquelle befinden.

Abbildung 1: Die Diagramme zeigen den Nahbesprechungseffekt von zwei Gradientenmikrofonen mit Achter- und Nierencharakteristik. Beachte die Bassanhebung der Mikrofone bei 100 Hz. Der Nachbesprechungseffekt ist beim Achtermikrofon (bidirektional) viel größer als bei der Niere.

Beachte, dass sich durch den Nahbesprechungseffekt manchmal ein linearer Frequenzgang erreichen lässt, wenn sich das Mikrofon nahe an der Schallquelle befindet (z. B. bei Gesangsmikrofonen), oder wenn das Mikrofon weiter als 1 m von der Schallquelle entfernt ist (bei der Fernabnahme o. Ä.). Aus diesem Grund sollte bei der Auswertung dieser Information für Gradientenmikrofone (z. B. in einem Datenblatt) die Entfernung angegeben werden, bei der der Frequenzgang neutral / linear ist.

Druckmikrofone (Kugelmikrofone) weisen keinen Nahbesprechungseffekt auf. Das liegt daran, dass der Schall nur an der Vorderseite der Membran eindringen kann. Ein Druckmikrofon ist im Grunde eine Membran vor einer geschlossenen Kammer.

Die Schallquellen

Die Nahbesprechung ist abhängig von der Schallquelle. Eine Punktschallquelle erzeugt ein kugelförmiges Schallfeld, bei dem der Schalldruckpegel um 6 dB je Verdopplung der Entfernung abnimmt. Ein Gradientenmikrofon in der Nähe einer Punktschallquelle (< 1 m) weist eine Nahbesprechung auf. Handelt es sich bei der Schallquelle jedoch um einen (unendlichen) Flächenstrahler oder eine Punktschallquelle in einiger Entfernung (> 1 m), gibt es praktisch keinen Nahbesprechungseffekt.

Abbildung 2: Eine Punktschallquelle ist im Wesentlichen eine größenlose, pulsierende Kugel. Sie strahlt eine bestimmte Menge Schallenergie gleichmäßig in alle Richtungen von einem Punkt ausgehend ab. Je weiter man sich entfernt, desto mehr wird der Schall gedämpft, da sich die Schallenergie über eine größere Fläche verteilt. Ein Mikrofon ermittelt -6 dB pro Verdopplung der Entfernung.

Der Schalldruckpegel von Punktschallquellen fällt um 6 dB pro Verdopplung des Abstands.
Der Schalldruckpegel von Linienschallquellen fällt um 3 dB pro Verdopplung des Abstands.
Der Schalldruckpegel von Flächenschallquellen fällt um 0 dB pro Verdopplung des Abstands.

Man sollte annehmen, dass die Welt extrem laut sein muss, mit Schallquellen, deren Pegel niemals abnimmt. Das ist jedoch nur dann der Fall, wenn die Flächenstrahler unendlich groß sind – und das sind sie nicht. Daher wirkt jeder Flächenstrahler bei genügend Abstand wie eine Punktschallquelle. Nachfolgend zeigen wir ein praktisches Beispiel für dieses Phänomen.

Die Schallquelle ist ein Studiomonitor (Genelec 8341A). Dieser Lautsprecher hat koaxial / symmetrisch angeordnete Membranen für Tief-, Mittel- und Hochton. Die Übergangsfrequenzen liegen bei 500 Hz und 3 kHz. Das vom Lautsprecher wiedergegebene Signal ist Rosa Rauschen. Die Messabstände betragen 64, 32, 16, 8, 4, 2 und 1 cm.

Wenn wir den Messabstand von 64 cm auf 32 cm oder von 32 cm auf 16 cm verändern, steigt der Schalldruckpegel bei allen Frequenzen um 6 dB. Bewegen wir uns jedoch von 8 cm auf 4 cm oder von 4 cm auf 2 cm, bleiben die niedrigen Frequenzen fast konstant, während die höheren Frequenzen noch zunehmen. Bei der Veränderung von 2 cm auf 1 cm (von der roten zur blauen Kurve) steigen nur die Frequenzen über 3 kHz an. Die Messungen wurden mit einem Mikrofon mit Kugelcharakteristik durchgeführt (kein Einfluss des Nahbesprechungseffekts).

Abbildung 3: Schallpegel in Abhängigkeit von der Entfernung zu einem Monitorlautsprecher (Koaxiallautsprecher). Signal: Rosa Rauschen. Die Messungen wurden bei 64, 32, 16, 8, 4, 2 und 1 cm vorgenommen. Das Diagramm rechts zeigt den Pegel in Abhängigkeit von der Entfernung bei drei einzelnen Frequenzen (100 Hz, 1 kHz und 10 kHz) sowie einem Frequenzband (20 Hz – 20 kHz).

Warum Nahbesprechung?

Nahbesprechung gibt es also nur bei Gradientenmikrofonen. Die Erklärung dafür ist, dass der Schall sowohl von vorne als auch von hinten auf die Membran trifft. (Es gibt einen Schalleinlass auf der Rückseite der Membran.) Der Druckunterschied zwischen Vorder- und Rückseite (das Gefälle) bewirkt die Bewegung der Membran. Der Abstand zwischen der Vorderseite und der Rückseite liegt im Bereich von 1 - 2 cm. Bei einer niedrigen Frequenz (die eine lange Wellenlänge von mehreren Metern aufweist) ist der Druckunterschied über 1 - 2 cm einer Schallwelle gering. Bei höheren Frequenzen nimmt dieser Unterschied zu (siehe Mikrofontechnologie – Die Grundlagen, Abb. 4 und 5).

Abgesehen von diesem primären Druckgefälle gibt es noch einen weiteren Druckunterschied, wenn das Mikrofon nah an die Schallquelle gesetzt wird (≤1 m). Dieser hängt mit dem Abstand zusammen. Wenn die Schallquelle 2 cm von der Vorderseite der Membran entfernt ist, dann ist der Abstand zur Rückseite größer (in diesem Beispiel 4 cm). Der Abstand zur Rückseite ist nun doppelt so groß wie der Abstand zur Vorderseite. Handelt es sich bei der Schallquelle um eine Punktschallquelle, so wird der Schalldruck von der Vorderseite zur Rückseite der Membran um 6 dB abgeschwächt. Dies ist als ein zusätzlicher Gradient zu betrachten. Er kommt jedoch nur bei tiefen Frequenzen zum Tragen, da der primäre Gradient in diesem Bereich schwach ausgeprägt ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Bassanhebung vorliegt, wenn sich das Mikrofon in der Nähe einer Punktschallquelle befindet.

On-Axis vs. Off-Axis

Bei einer Schallwelle hängt der Absand zwischen Membranvorder- und Rückseite auch von der Neigung des Mikrofons ab. Wenn das Mikrofon direkt auf die Schallquelle gerichtet ist, erreicht der Abstand sein Maximum. Wenn das Mikrofon nicht direkt auf die Schallquelle gerichtet ist, verringert sich der Abstand und der Nahbesprechungseffekt ist geringer. Wenn die Schallwelle zu Vorder- und Rückseite den gleichen Abstand hat, gibt es keinen Nahbesprechungseffekt. Bei einem Mikrofon mit Nierencharakteristik ist dies der Fall, wenn der Winkel genau 90 Grad beträgt. Wird das Mikrofon weiter aus dem abstandsneutralen Winkel gedreht, tritt der Effekt wieder auf. Wenn das Mikrofon also vollständig Off-Axis ist (bei 180 Grad), kommt der Nahbesprechungseffekt wieder voll zur Geltung.

Wann Nahbesprechung?

Grundsätzlich tritt der Nahbesprechungseffekt auf, wenn der Schall von einer Punkt- oder Linienschallquelle kommt, das Mikrofon ein Gradiententyp ist und es auf die Schallquelle gerichtet ist. Der Nahbesprechungseffekt tritt nicht auf, wenn es sich bei der Schallquelle um einen Flächenstrahler handelt, das Mikrofon ein Druckmikrofon ist oder das Mikrofon zur Seite weist. Im Bereich dieser spezifischen Bedingungen gibt es jedoch Zwischenstufen.

Bei Musikinstrumenten kann es schwierig sein, die entsprechende Schallquelle vorherzusagen und zu definieren. Nachstehend findest Du einige Beispiele. 

Trompete

Manchmal kommt der Nahbesprechungseffekt aufgrund des Frequenzgangs des Instruments nicht zum Tragen. Eine Trompete zum Beispiel ist grundsätzlich eine Punktschallquelle. Ihr Frequenzspektrum reicht jedoch nicht in den Bassbereich hinein. Daher stellt der Nahbesprechungseffekt bei der Abnahme dieses Instruments keine Herausforderung dar.

 

Abbildung 4: Nahfeldaufnahme einer Trompete. Diese Kurven zeigen den Unterschied zwischen einem Mikrofon mit Nierencharakteristik (4011) und einem mit Kugelcharakteristik bei verschiedenen Entfernungen. Der Frequenzbereich des Instruments verursacht nur einen begrenzen Nahbesprechungseffekt innerhalb des eigentlichen Frequenzbereichs. Der entfernungsabhängige Pegelunterschied ist herausgerechnet (zur einfacheren Vergleichbarkeit der Kurven).

Konzertflügel

Ein Flügel (bzw. der Bereich direkt über den Saiten) wird als Flächenstrahler betrachtet, auch wenn die einzelnen Saiten als etwas anderes angesehen werden können. Die Pegel sind bei 2, 4, 8 und 16 cm relative constant. Es gibt keinen Nahbesprechungseffekt (keine Betonung der tiefen Frequenzen).

 

Abbildung 5: Nahfeldaufnahme eines Flügels. Die Kurven zeigen den Unterschied zwischen einem Mikrofon mit Nierencharakteristik (4011) und einem mit Kugelcharakteristik in verschiedenen Entfernungen. Der Frequenzbereich des Instruments verursacht keinen Nahbesprechungseffekt. Der entfernungsabhängige Pegelunterschied ist herausgerechnet (zur einfacheren Vergleichbarkeit der Kurven).

Akustikgitarre

Eine Akustikgitarre (Mikrofon mittig auf die Vorderseite des Deckenholzes unter den Steg gerichtet) ist ein Flächenstrahler in geringer Entfernung. Allerdings ist das Spektrum in dieser Position nicht so attraktiv, so dass andere Mikrofonpositionen in der Regel bevorzugt werden, vor allem weil der Klang aus dem Schallloch hier sehr ausgeprägt ist.

 

Abbildung 6: Nahfeldaufnahme einer Akustikgitarre (vor der Holzdecke, direkt unter dem Steg). Die Kurven zeigen den Unterschied zwischen einem Mikrofon mit Nierenchakateristik (4011) und einem mit Kugelcharakteristik bei verschiedenen Entfernungen. Der entfernungsabhängige Pegelunterschied ist herausgerechnet (zur einfacheren Vergleichbarkeit der Kurven). 

Kick Drum

Aufgrund des großen Durchmessers des Fells könnte man erwarten, dass das Schlagzeugfell einer Kick Drum als Flächenstrahler fungiert. Das Verhalten ähnelt jedoch eher einer Punktquelle. Das Trommelfell ist in keinem Abstand ein reiner Flächenstrahler. Nahbesprechung tritt also auf. Daher ist bei der Auswahl des Mikrofons Vorsicht geboten. Es sollte nicht zu sehr von der Gradientenkomponente abhängig sein.

 

Abbildung 7: Nahfeldaufnahme einer Kick Drum. Die Kurven zeigen den Unterschied zwischen einem Mikrofon mit Nierenchakateristik (4011) und einem mit Kugelcharakteristik bei verschiedenen Entfernungen. Die Verläufe zeigen, dass sich das Resonanzfell eher wie eine Punktschallquelle als ein Flächenstrahler verhält. Der entfernungsabhängige Pegelunterschied ist herausgerechnet (zur einfacheren Vergleichbarkeit der Kurven). 

Das neu entwickelte DPA 4055 Kick Drum Mikrofon ist ein Gradientenmikrofon mit "offener Nierencharakteristik". Es liegt zwischen "breiter Niere" und "Niere". Das bedeutet, dass der Nahbesprechungseffekt geringer ausfällt als bei einem Nierenmikrofon. Dennoch weist es einen umfangreichen Tieftonbereich auf, auch aus größerer Entfernung. Es gibt dem Tontechniker also die Freiheit, das Mikrofon in geeignetem Abstand zu platzieren, ohne dass das schwingende Fell auf das Mikrofon schlägt.

 

 

Außerdem ist es so konzpiert, dass es die enormen Schallpegel um und innerhalb der Trommel verarbeiten kann. Dieses Mikrofon muss nicht direkt auf das Resonanzfell, das Resonanzfellloch oder den Hammerbereich am Schlagfell gerichtet sein. Es bietet hervorragende Möglichkeiten, mit der Platzierung außerhalb und innerhalb der Trommel zu experimentieren, um den Klang je nach Situation mit der gewünschten Intensität abzunehmen.

Hintergrundwissen: Wie wurde gemessen?

Jedes Musikinstrument wurde gleichzeitig mit mehreren Mikrofonen aufgenommen. Anschließend wurden die Signale mit Smaart Live, Spektrum, 1/3 Oktavband, Mittelungszeit > 1 Minute, analysiert.

Die Daten/Spektren wurden für jeden der Aufnahmeabstände (64, 32, 16, 8, 4, 2 und 1 cm, soweit die Daten verfügbar waren) in eine Tabellenkalkulation übertragen.

Nun wurden für jeden Abstand die Daten der Kugelmikrofonaufnahmen von den Daten des Nierenmikrofons subtrahiert. Die sich daraus ergebende Kurve zeigt also den Unterschied zwischen den beiden Mikrofonen. Wenn es keinen Unterschied gäbe, wäre die Kurve annähernd eine gerade horizontale Linie. (Der Empfindlichkeitsunterschied wurde jedoch kompensiert). Wenn eine Annäherung besteht, kommt es zu einem Anstieg der tiefen Frequenzen.

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