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Welche Auswirkungen haben Vibrationen auf Mikrofone?

Ein Mikrofon sollte nur auf akustisch übertragenen Schall reagieren. Leider nehmen die meisten Mikrofone jedoch auch Schwingungen auf, die nicht übertragen werden sollen. Wir schauen uns das Phänomen und seine Tragweite an.

Das Mikrofon fällt

Es passiert. Ein versehentliches Fallenlassen des Mikrofons. Ein großer Knall in der PA-Anlage. Das liegt nicht daran, dass das Mikrofon auf dem Boden aufschlägt, sondern daran, dass der Schallwandler durch den Stoß ein Signal erzeugt.
Die Membran eines Mikrofons ist so konstruiert, dass sie sich nur bewegt, wenn die Luft um sie herum vibriert; das ist normalerweise der Fall, wenn das Mikrofon in einer festen Position gehalten wird. Stell Dir aber vor, das Mikrofongehäuse wird erschüttert. Die Membran bewegt sich aufgrund ihrer Masse, des Luftwiderstands und der mechanischen Nachgiebigkeit nur relativ widerwillig; daher bewegt sich das Gehäuse stärker als die Membran und erzeugt auch ein Ausgangssignal. Siehe Abbildung 1. 

Abbildung 1. A: Die Membran schwingt aufgrund von akustischem Schall. B: Das Gehäuse schwingt durch übertragene mechanische Anregungen: In beiden Fällen wird ein Ausgangssignal erzeugt.

Das Erschütterungsproblem betrifft vor allem Mikrofone, die auf einem Stativ oder einer Halterung/Klammer befestigt sind, z. B. an einem Musikinstrument. Bei Handmikrofonen kann ein unsachgemäßes Reiben des Gehäuses mit der Hand oder ein Fingerring-Klicken unerwünschte Geräusche verursachen. Auch das Einsetzen des Handmikrofons in seine Halterung/Klammer kann einen Impuls erzeugen, wenn es einrastet. Ansonsten sind der Arm und die Hand gute Filter, um externe Vibrationen zu reduzieren.

Abbildung 2. Im Prinzip besteht ein Kondensatormikrofon aus einer Masse (der Membran), einer Feder (der Membranspannung) und einer Systemdämpfung (der elastischen Aufhängung der Membran). Darüber hinaus kann die gesamte Kapsel aufgehängt sein, um eine gewisse Isolierung vom Gehäuse zu erreichen.

Vibration - wo und wie stark

Schwingungen gibt es überall. Allerdings gibt es bestimmte Stellen, an denen die Vibrationen stärker auftreten als an anderen.

Bühnenboden

Ein guter Bühnenboden ist solide und erzeugt kaum Vibrationen. Einige Bühnen - Böden oder Riser - für klassische Streichinstrumente wie Cello und Kontrabass müssen diese Instrumente jedoch gut unterstützen. Sie können je nach Anregung (Stufen auf der Bühne, Subwoofer, Kopplung mit der PA usw.) leicht vibrieren.
Ein schlechter Bühnenboden oder Drum Riser kann bei niedrigen Frequenzen leicht vibrieren. Viele Böden oder Podien weisen einen Schwingungspegel von 1 G auf, wenn sich Subwoofer darunter oder ein Schlagzeug darauf befinden. (G ist eine Einheit für die Beschleunigung. 1 G ≈ 10 m/s2).
Der Mikrofonständer kann vom Boden isoliert sein, muss es aber nicht. Wenn du jedoch mit einem Instrument auf den Mikrofonständer triffst oder auf dem Boden herumtrampelst, entstehen trotzdem Vibrationen von über 1 G.

Schlagzeug

Wenn du auf eine Trommel schlägst, vibriert der ganze Kessel. Wenn du z. B. mit dem Drumstick auf den Rand einer Snare oder Tom schlägst, kann der Vibrationspegel bei diesen Trommeln, an denen oft Ansteckmikrofone verwendet werden, über 20 G(!) betragen. Andere Trommeln, vor allem die Kick Drum, können ähnlich stark vibrieren!

Saiteninstrumente

Diese Instrumente haben einen Körper, der die schwingenden Saiten trägt. Die meisten Streichinstrumente, vor allem der Kontrabass und das Cello, haben auch einen sogenannten Wolfston. Hier wird die Resonanz so stark, dass sie die gespielte Note überlagert. Diese und andere Resonanzen können sich auf ein am Instrument befestigtes Mikrofon auswirken. Die Aufhängung des Mikrofons kann bestimmen, wie gut es den Ton aufnimmt.

Blechbläser

Das Schallstück oder die Glocke schwingt bis zu einem gewissen Grad, wenn auch nicht unbedingt extrem stark. Bei einem kleinen, nicht gedämpften Ansteckmikrofon kann die Resonanz jedoch zu einem Problem werden.

Wie Mikrofone auf Schwingungen reagieren

Es ist praktisch, zu wissen, wie empfindlich ein Mikrofon auf diese Vibrationen reagiert. Um das herauszufinden, haben wir einige Mikrofone zusammengestellt und experimentiert:
Jedes Mikrofon wurde auf einen Schwingungsgenerator montiert (siehe Abbildung 3) und mit der mitgelieferten Klammer oder Halterung fixiert.
Ein Breitbandsignal (rosa Rauschen) wurde in den Verstärker eingespeist, der den Schwingungsgenerator antreibt. (Es war kein akustischer Ton präsent). Der Ausgang des Mikrofons und die erzwungene Beschleunigung (die von einem Beschleunigungsmesser erfasst wurde) wurden aufgezeichnet, um Daten für die Übertragungsfunktion und die Empfindlichkeit des Mikrofons gegenüber Vibrationen zu erhalten.

Abbildung 3. Aufbau für die Prüfung des von Mikrofonen durch Vibrationen erzeugten Ausgangssignals.

Richtungsabhängige Empfindlichkeit

Die meisten Mikrofone sind von Natur aus empfindlich für Schwingungen in einer Richtung senkrecht zur Membran, was im Fall von Stäbchenmikrofonen die Achsenrichtung ist. Daher haben wir in diesem Test eine achsennahe Anregung angewendet, ergänzt durch Anregungswinkel von 45° und 90° (durch Drehen des Clips, siehe Abbildung 4).

Abbildung 4. Drei Anregungsrichtungen: 0° (auf der Achse), 45° und 90°.

Äquivalenter Schalldruckpegel pro G

Bei der Messung des Ausgangspegels eines schwingenden Mikrofons ist es möglich, einen äquivalenten Schalldruckpegel zu beschreiben, der am Mikrofon das gleiche Signal erzeugt wie die Vibration. Dieser Pegel liegt normalerweise im Bereich von 75-125 dB SPL/G. Das bedeutet: Wenn das Mikrofon mit 1 G geschüttelt wird, erhält man ein Signal, das genauso groß ist wie das, das eine Schallquelle mit einem Schalldruckpegel von 75-125 dB SPL erzeugen würde. Einige Mikrofone können bei Erschütterungen sogar noch höhere Werte erzeugen.

Bei den gemessenen Mikrofonen handelte es sich sowohl um Kondensator- als auch um dynamische Typen. Die folgenden Beispieldiagramme zeigen die Übertragungsfunktion in drei verschiedenen Richtungen. Jedes Diagramm enthält also drei Kurven für jedes Mikrofon: Schwarz: 0°-Anregung auf der Achse, blau: 45°-Anregung und rot: 90°-Anregung. In allen Fällen ist der 0°-Winkel senkrecht zur Membran.

Für alle Messungen wird der Halter oder die Klammer verwendet, die dem jeweiligen Mikrofon beiliegen.

 

Kick Drum Mikrofone

 

Name:
Type:
Application:
Equiv. SPL:

DPA 4055
Condenser mic
Kick drum mic
96.2 dB SPL/m/s2 @ 315 Hz, 0°

Name:
Type:
Application:
Equiv. SPL:

E Brand
Dynamic mic
Kick drum mic
124.5 dB SPL/m/s2 @ 43 Hz, 0°

 

Abbildung 5. Die Übertragungsfunktion von zwei Kick-Drum-Mikrofonen. Das SPL/G-Äquivalent wird gemessen, indem das Mikrofon bei einer einzigen Frequenz (und Richtung) angeregt wird, bei der die höchste Ausgangsleistung auftritt.

 

Gesangsmikrofone

 

Name:
Type:
Application:
Equiv. SPL:

DPA 2028
Condenser mic
Handheld
90.1 dB SPL/m/s2 @ 200 Hz, 0°

Name:
Type:
Application:
Equiv. SPL:

G Brand
Dynamic mic
Handheld
99.2 dB SPL/m/s2 @ 200 Hz, 0°

 

Abbildung 6. Die Übertragungsfunktion von zwei Gesangsmikrofonen. Das SPL/G-Äquivalent wird gemessen, indem das Mikrofon bei einer einzigen Frequenz (und Richtung) angeregt wird, bei der die höchste Leistung auftritt.

Abbildung 7. Äquivalenter SPL/G von sechs beliebten Kick-Drum-Mikrofonen, von denen eines das DPA 4055 ist. Außerdem sechs bekannte Gesangsmikrofone (sowohl Kondensator- als auch dynamische Mikrofone), darunter zwei DPA-Kondensatormikrofone: 2028 und d:facto™. Der Equivalent SPL/G wird gemessen, indem das Mikrofon bei einer einzigen Frequenz (und Richtung) angeregt wird, bei der die höchste Ausgangsleistung auftritt. Je niedriger der äquivalente SPL/G, desto besser. Beachte, dass bei einem Schlagzeug der Vibrationslevel 1G um mehr als 20 dB übersteigen kann.

Vibrationen entkoppeln

Wenn du Mikrofonvibrationen loswerden willst, verwende eine hochwertige Shockmount-Lösung. Shockmounts sind für die meisten Stäbchenmikrofone erhältlich, aber nicht unbedingt für Mikrofone mit konischen Gehäusen, wie Handmikrofone. Das macht Gesangsmikrofone auf Stativen anfällig für einen vibrierenden Bühnenboden. Wenn sie auf einem Stativ stehen, ist der Aufstellwinkel jedoch meist nicht 0°, sondern 90°, und die Mikrofone sind in dieser Richtung in der Regel weniger empfindlich. Außerdem sind viele Handmikrofone so konstruiert, dass sie die Auswirkungen von Vibrationen dämpfen.

Die meisten Probleme treten bei der Befestigung von Mikrofonen an einem Schlagzeug auf. Erstens gibt es nicht nur eine, sondern mehrere Erregungsrichtungen. Je nachdem, welcher Teil des Kits angeschlagen wird, kommen mehrere Richtungen ins Spiel. Das macht eine Schockmount-Befestigung für eine Kick Drum mehr oder weniger obligatorisch. Viele Halterungen bieten jedoch keine ausreichende Dämpfung. Daher ist es von Interesse, wie sich die Mikrofone unter diesen Bedingungen verhalten.

Die folgende Grafik zeigt die Auswirkungen von Shockmounts. Sie zeigt ein 4017 Shotgun Mikrofon, das in einem Clip, in einem Standard-Shockmount und in einem speziellen Shockmount für Shotguns montiert ist. Der B-Verstärker mit dem 4017 Shotgun Mikrofon enthält einen Lowcut-Filter, der bei jeder Halterung aus-/eingeschaltet ist.

Die Vibration wird durch das Treten gegen eines der Beine des dreibeinigen Stativs erzeugt. Du kannst dir die Aufnahme hier anhören. (Siehe: 10 wichtige Fakten über Akustik für Mikrofonbenutzer/innen). 

Abb. 8: Durch Tritt gegen einen Mikrofonständer erzeugtes Vibrationssignal:
A: Mikrofon in einem Standard-Clip (UA0639). Kein Low Cut angewandt.
B: In einem Standard-Clip. Low Cut angewandt.
C: In einem Shockmount (UA0897). Kein Low Cut angewandt.
D: In einem Shockmount (UA0897). Low Cut angewandt.
E: In einem speziellen Shockmount. Kein Low Cut angewandt.
F: In einem speziellen Shockmount. Low Cut angewandt. 

 

Die Kurven zeigen in einem Fall, dass die tieffrequenten Schwingungen (20-30 Hz) zunehmen, wenn ein Shockmount verwendet wird, das ursprünglich für schwerere Mikrofone entwickelt wurde. Die Resonanz des Systems kommt ins Spiel. (In diesem Fall hilft es, den Low Cut anzuwenden.)

Kann das spezifiziert werden?

Es gibt eine internationale Norm für die Spezifizierung oder Dokumentation von Mikrofonen - IEC 60.268-4. Die meisten Mikrofonhersteller, darunter auch DPA Microphones, halten sich an diese Norm. Diese Norm hat einen Absatz (§19.2) zu diesem Thema: "Äquivalenter Schalldruck aufgrund von mechanischen Schwingungen".
Bei den Messungen in diesem Artikel wurden die Grundsätze der IEC-Richtlinien befolgt. Bitte beachte, dass die meisten Hersteller diese Daten für sich behalten - wenn sie überhaupt gemessen werden. 

Fazit

Das Mikrofonsignal kann auf mindestens zwei Arten erzeugt werden*): Die eine ist das Signal, das aus dem akustischen Schall entsteht, und die andere ist das Signal, das durch Vibrationen erzeugt wird. Diese beiden verschiedenen Quellen klingen ganz unterschiedlich. Die Schwingungsquelle ist resonant und gefärbt. Auch das Phasenverhältnis zwischen den beiden Ausgängen kann ins Spiel kommen - die Mischung kann darunter leiden, wenn der durch Vibrationen erzeugte Klang einen mit dem akustischen Klang vergleichbaren Pegel erreicht. (Das ist bei einem Schlagzeug leicht möglich.) Es ist wichtig, Mikrofone mit geringer Empfindlichkeit gegenüber Vibrationen auszuwählen und/oder eine hochwertige Shockmount-Lösung zu verwenden, wann immer dies möglich ist.
*) Auch EMV/RFI können zu einer unbeabsichtigten Signalausgabe führen.

Referenzen

[1] Burkhard, Mahlon D.: Protection against shock and vibration. Preprint 396, AES annual meeting 17, 1965.
G.R.A.S. application note: 147AX Microphone Vibration Sensitivity. 
[2] IEC 60268-4 Sound System Equipment – Part 4: Microphones.
[3] Locke, Terry R: An Effective Mechanopneumatic Shock Mount for Dynamic Microphone. Journal of the Audio Engineering Society, September 1978, Vol 26, No 9.
[4] Plice, Gerald W.: Microphone Accessory Shock Mount for Stand or Boom Use. Journal of the Audio Engineering Society, February 1971, Vol 19, No 2.
[5] Sorbothane Reduces Vibration in Microphones for Hook Studios. Sorbothane® Reduces Vibration in Microphones
Rule, Eric, Suellentrop, Fred j., and Perls, Thomas A.: Vibration Sensitivity of Condenser Microphones. The Journal of the Acoustical Society of America 32, 923 (1960).
[6] Stehle, Charles Douglas: Vibration isolation of a microphone. The Journal of the Acoustical Society of America 80, 699 (1986).
[7] Walsh, Jonathan D.; Su, Quang T.: Characterization of the vibration response of miniature microphones by subtraction. The Journal of the Acoustical Society of America 141, 3677 (2017).
[8] Walsh, Jonathan D.; Miles, Ronald: Microphone length and its effect on vibration interference. The Journal of the Acoustical Society of America 148, 2640 (2020).

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